...gelesen...

Markus Pössel
"Phantastische Wissenschaft. Über Erich von Däniken und Johannes von Buttlar" (rororo, 2000)

Die ursprüngliche Idee war, zuerst dieses Buch zu lesen, um dann entsprechend gewappnet kritisch an "Mordfall Kurt Cobain" von Ian Halperin und Max Wallace heranzugehen. Doch dann hat die Klatschsucht doch gesiegt und so muss ich mir die kriminalistische Reflektion bei der Rezension der beiden Bücher nachträglich erarbeiten.
Es gibt eine gigantische Erich von Döneken-Fanseite unter http://www.tatjana.ingold.ch/, wo neben Besprechungen aller Däniken-Bücher immerhin auch die kritische Literatur aufgelistet und rezensiert wird. Dort wird Pössels Buch wie folgt beschrieben:

Das aktuellste Buch, das Erich von Dänikens Werke kritisch unter die Lupe nimmt, stammt vom Physiker Markus Pössel, Max-Planck-Insititut, Golm.
Der Autor beschäftigt sich mit dem Thema der Elektrizität im alten Ägypten, dem sog. Sirius-Rätsel und der Evolution (und im zweiten Teil mit Johannes von Buttlar). Dabei versucht Pössel ohne Polemik aber mit klaren, deutlichen Worten den Grenzwissenschaftlern, allen voran Erich von Däniken, methodologische wie die jeweiligen Befunde betreffenden Fehler nachzuweisen. Positiv hervorzuheben ist eindeutig die Tatsache, dass Pössel keinen Streifzug durch die Paläo-SETI schreibt, sondern äußerst ausführlich die einzelnen Hypothesen bespricht.

Dies liest sich irgendwie freundlich, doch das Gift ist hinterrücks ausgelegt, indem behauptet wird, Pössel "versuche" Däniken Fehler nachzuweisen. Nach Lektüre des Buches würde ich aber sagen, er HAT Däniken Fehler nachgewiesen und zwar in einem solchen Umfange, dass danach Däniken weder als Amateur-Wissenschaftler (jemand der Wissenschaft aus Liebhaberei betriebt, nicht als Beruf) noch als wissenschaftlicher Laie (jemand, der Wissenschaft nicht gelernt hat, bzw. nicht vom wissenschaftlichen Fach ist) angesehen werden kann, sondern nur noch als Nicht-Wissenschaftler - oder auch Ideologe. Denn Amateur und Laie wenden ja auch wissenschaftliche Methoden an und kommen daher zu nachvollziehbaren Ergebnissen. Däniken geht aber nicht wissenschaftlich vor, er arbeitet NICHT ergebnisoffen - Däniken ideologisiert: er hat ein Ergebnis, nämlich dass die Menschen von außerirdischen Astro- bzw. Kosmonauten gezüchtet wurden, und sucht sich dazu "Belege", die seine Argumentation irgendwie stützen, und das ist eben UNwissenschaftlich. Es soll an dieser Stelle nicht übersehen werden, dass die Behauptungen Dänikens den Blick auf viele Fragestellungen richteten, die bis dahin nicht im Fokus der etablierten Wissenschaften waren und ohne Däniken möglicherweise dauerhaft übersehen worden wären (und es soll auch nicht bestritten werden, dass etablierte Wissenschaftler genauso verbohrte Ideologen sein können, die UNwissenschaftlich handeln können - "Awakenings - Zeit des Erwachens" von Oliver Sacks liefert hierfür einige schöne Beispiele). Aber richtige Fragen rechtfertigen trotzdem keine falschen Antworten.

Pössel konzentriert sich auf 3 frühe Hypothesen Dänikens - zu Recht wie ich meine, denn erstens wäre eine kritische Aufarbeitung aller Behauptungen Dänikens eine Aufgabe, die die Arbeitskraft eines Menschenleben übersteigen würde, zweitens reicht die Widerlegung einiger zentraler Behauptungen Dänikens, um Zweifel an seiner gesamten Art der Argumentation zu wecken, und drittens ist Däniken ja hauptsächlich mit den Behauptungen seiner frühen Bücher im kollektiven Gedächtnis, heute ist er m.E. nur noch Zentrum eines Kults, der außerhalb seiner Anhänger kaum noch inhaltlich wahrgenommen oder überhaupt diskutiert wird. Natürlich kann ich an dieser Stelle nicht den Inhalt von Pössels Untersuchungen im Detail wiederholen, daher kurze Zusammenfassungen:

1. Die Glühbirnen der alten Ägypter: Pössel fasst an einer Stelle im Buch Dänikens Methode sehr schön wie folgt zusammen: "Ein Mann geht in eine Kirchenruine, entdeckt ein Bild eines Mannes mit einer Schafherde und schließt daraus, dass dies wohl früher ein Schafstall gewesen sein müsse". Dieses Bild auch auf die Behauptung von den Glühbirnen der alten Ägypter. Tatsächlich gibt es die sogenannte "Partherbatterie", ein 1936 bei Bagdad gefundenes Objekt, dass tatsächlich wie ein galvanisches Element funktionieren kann, wenn es fehlerhaft nachgebaut wird. Bei vollständiger Rekonstruktion würde die Stromerzeugung aber wegen fehlenden Sauerstoffes sofort zum Erliegen kommen. Da es zudem keine Beispiele in der Kultur der Parther gibt, dass elektrische Spannung irgendwo angewendet wurde, liegt es in Verbindung mit Texten aus der Zeit viel näher, dieses Objekt als magischen Schutz vor Dämonen z.B. beim Hausbau zu interpretieren. Es wurden später im Irak noch weitere ähnlich Objekte gefunden, aber nie in Ägypten. Dort aber finden sich im Tempel von Dendera insgesamt sechs Darstellungen von angeblichen "Glühbirnen", doch eine genauere Analyse der Bilder zusammen mit dem Wissen um die ägyptische Schrift legen eine rein religiöse Interpretation sehr viel näher. Die Ägypter brauchten auch keine elektrische Beleuchtung in den fensterlosen Kammern des Tempels, denn Pössel beschreibt Experimente, die eine fast rußfreie Benutzung von Öllampen ermöglicht und damit auch das Fehlen von Rußspuren im Tempel erklärt.

2. Das Sirius-Rätsel: das angebliche Wissen der Dogon in Westafrika um astronomische Details zum Sirius-System wird von Pössel als Ergebnis einer Art "stillen Post" der Pseudowissenschaftler beschrieben - jeder schreibt vom anderen ab und lässt dabei weitere Details unter den Tisch fallen, um das Ergebnis passgenauer zu machen. Tatsächlich gehen die Informationen auf frühe ethnologische Forschungen des Franzosen Griaule aus den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zurück. Die von ihm überlieferten Zeichnungen der Dogon enthalten jedoch wesentlich mehr und den astronomischen Erkenntnissen widersprechende Details als von Däniken berichtet. Auch waren Griaules Forschungsmethoden selbst zweifelhaft, sie stützen sich im wesentlichen auf Erzählungen einer einzigen(!) Person, und weil Griaule bessesen davon war "heiliges" Wissen zu enträtseln hörte er nicht nur einfach zu, sondern unterzog seine Gesprächspartner quasi kriminalistischen Verhören. Seine "Opfer" erzählten ihm dann einfach, was er hören wollte, damit er Ruhe gab, und Griaule bastelt sich daraus seine eigene Weltsicht zusammen, in der dann auch die Umlaufzeit des unsichtbaren Begleiters Sirius B um Sirius A von 50 Jahren mit dem regelmäßig alle 60 Jahre stattfindenden Sigui-Fest der Dogon passend gemacht wurde (tja, Afrikaner rechnen eben anders ;-)). Dass die Dogon überhaupt von Sirius und dessen astronomischen Eigenschaften wussten lässt sich übrigens auch ganz einfach ohne außerirdische Besucher erklären: 1893 gab es eine astronomische Expedition zur Beobachtung der Sonnenfinsternis im Senegal und durch Kontakte mit den Einheimischen - auch bei dem Nachbarvolk der Dogon, den Bambera, gibt es Wissen über Sirius - hätte astronomisches Wissen zu den Dogon gelangen können. Auch hatten die Dogon schon vor Griaule Kontakte mit französischen Kolonialbeamten, Wissenschaftlern und Missionaren. Wie schnell sich "modernes Wissen" übrigens bei "primitiven Völkern" verbreiten kann erfuhr z.B. der Arzt D.C. Gajdusek in Neuguinea, dem ein Kollege von erstaunlichen Aussagen Eingeborener über Krankheitserreger und deren Aussehen berichtete. Es stellte sich heraus, dass Gajdusek selbst Urheber dieses Wissens war, weil er bei einer früheren Expedition den Eingeborenen die Funktionsweise seines Mikroskops erklärt und Proben gezeigt hatte. Oder googelt einfach mal nach "Cargo-Kult".

3. Dänikens Ansichten zur Evolution: die beiden Kapitel Pössels zur Evolutionstheorie sind auch unabhängig vom Anlass seiner Ausführungen (nämlich Dänikens Theorien) sehr lesenswert, ebenso seine Demontage des Kreationismus. Laut Pössel lässt sich - entgegen der Ansicht Dänikens - mittels der Evolutionstheorie sehr wohl die Entstehung des homo sapiens ohne außerirdische Eingriffe befriedigend erklären.
Darwins Ausgangspunkt waren nicht archäologische Funde, sondern anatomische Ähnlichkeiten der heutigen Lebewesen, dass zum Beispiel Hand, Flügel und Delfinflosse trotz unterschiedlichstem Aussehen die gleich Anzahl von Knochen aufweisen. Dies lässt auf eine gemeinsame Abstammung schließen. Dass sich aus einer Urform so viele verschiedene Arten entwickelt haben liegt an räumlicher Trennung und unterschiedlichen Lebensbedingungen, die jeweils verschiedenen Selektionsdruck ausüben und daher denjenigen Mutationen, die am besten mit den örtlichen Lebensbedingungen umgehen können einen Vorteil bei der Nahrungssuche und damit der Vermehrung gewähren. Dass es überhaupt Mutationen gibt liegt an der geschlechtlichen Fortpflanzungen, die immer neue Gen-Mischungen hervorbringt und damit immer neue Mutationen hervorbringt, die sich auf ihre individuelle Weise neu mit den örtlichen Lebensbedingungen auseinandersetzen, mal besser, mal schlechter. Ich denke, bis dahin hat auch Däniken kein Problem mit Darwin und Co., doch wie entstand nun homo sapiens, ist dieser "Entwicklungssprung" tatsächlich allein evolutionär erklärbar?
Neben der Mutation durch Vermischung des Erbgutes von Vater und Mutter es gibt auch Mutationen, die nicht durch Vererbung entstehen, sondern durch spontane Veränderungen in der DNS, teilweise veranlasst durch äußere Einflüsse wie Röntgen- oder UV-Strahlen oder Chemikalien. Hier werden Teile der DNS, die bisher inaktiv waren - und dies ist der weit größere Teil der DNS - plötzlich aktiviert, bzw. aktive und inaktive Teile ausgetauscht, verschmolzen oder auf sonstige Art und Weise verändert. Diese Mutationen können sich als evolutionärer Fortschritt erweisen, aber auch als Fehler, der die Überlebensfähigkeit den neues Individuums beeinträchtigt - was dann wieder von den jeweiligen örtlichen Lebensbedingungen abhängt. In diesem Zusammenhang möchte ich die Fernsehreihe "The future is wild" nicht unerwähnt lassen, eine Folge von 3 Dokumentation im ZDF über mögliche Weiterentwicklungen des Lebens auf der Erde in 1 Million, in 100 Millionen und 200 Millionen Jahren. Da kamen Wissenschaftler durch einfache Anwendung der evolutionären Gesetze auf Oktopusse, die wie Elefanten durch Regenwälder wandern oder sich wie Affen von Ast zu Ast schwingen werden, von Schleimpilzen (schon heute eine höchst interessante Lebensform) als Parasiten dieser Oktopusse und Vögeln, die wie Maulwürfe leben, von Riesenkalamaris, die in der Brunft ihren Körper in eine Lightshow verwandeln und so weiter. (Dagegen ist selbst Stephen Spielberg mit der außerirdischen Menagerie in Star Wars ein Waisenknabe. Dass Aliens immer so menschlich aussehen beweist daher auch zum einen, dass viele Menschen sich "Intelligenz" in keinen anderen Lebensformen als humanoiden vorstellen können (und wer hätte vor einem halben Jahrhundert gedacht, dass Leben ohne Photosynthese möglich ist), und zum anderen dass alle angeblichen außerirdischen Besucher doch nur Ergebnisse menschlicher Phantasie sind, denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Evolution auf anderen Planeten Intelligenz genauso verpackt wie auf unserem Planeten.)
Gegen die Evolutionstheorie auf Grundlage schlüssiger Forschungsbelege kommt der Kreationismus nicht an, weil er ganz unwissenschaftlich antritt, die Erzählung der Bibel, dass Gott am sechsten Tag den Menschen unabhängig von den Tieren im Wasser, zu Lande und in der Luft erschaffen habe, als angebliche Tatsache zu beweisen. Deshalb müssen die Kreationisten die Dinosaurier auch in der Sintflut ertrinken lassen, um deren heutiges Fehlen zu erklären, obwohl doch Noah laut Alten Testament von jeder Tierart ein Pärchen auf seiner Arche hatte. Und obwohl laut Kreationismus der Mensch nicht vom Affen abstammt streiten die kreationistischen Anhänger untereinander bis heute darüber, welche prähistorischen Knochenfunde denn nun menschlich seien und welche nicht. Der Kreationismus entlarvt sich somit selbst als unwissenschaftliche, in sich nicht stimmige Ideologie.
Laut Pössel wechselt Dänikens Argumentation zum Thema "Schöpfung des Menschen durch Außerirdische" mit der Zeit. Früher habe Däniken ähnlich wie die Kreationisten den Menschen als Lebensform ohne Vorläufer dargestellt, nur sind bei ihm die schöpfenden Götter außerirdische Astro- bzw. Kosmonauten. Genauso wie die Kreationisten kritisiert er die wissenschaftlichen Datierungsmethoden, deren Richtigkeit Pössel aber detailliert nachweist. Genauso wie die Kreationisten ignoriert Däniken die hohe genetische Ähnlichkeit zwischen homo sapiens und Schimpansen (98,4 % - interessanterweise beträgt die genetische Ähnlichkeit zwischen Gorillas und Schimpansen nur 97,7 % und damit nur 0,2 % mehr als zwischen homo sapiens und Gorillas), er ignoriert die sprachlichen und logischen Fähigkeiten von Schimpansen, die sich immerhin auf dem Niveau eines zweijährigen Kindes bewegen, er ignoriert die Tatsache, dass der Werkzeuggebrauch eben kein Privileg der Menschen ist (und in diesem Zusammenhang darf ich an das Buch von Margaret Gruter "Rechtsverhalten. Biologische Grundlagen mit Beispielen aus dem Familien- und Umweltrecht" erinnern, in dem die Autorin Verbindungslinien zwischen dem sozialen Verhalten von Primaten und homo sapiens zieht und daraus eine biologische Grundlage der gesetzlichen Regelungen im Familienrecht ableitet - das einzige "Naturrecht", dass nicht bloß der Fantasie der Juristen entspringt).
Es scheint so, dass Däniken die Probleme seiner damaligen Argumentation eingesehen hat, zumal er auch damit konfrontiert ist, dass seine außerirdischen Menscheningenieure doch immer sehr menschliches Aussehen haben. Deshalb argumentiert er laut Pössel in den späteren Büchern nicht mehr dahingehend, dass die menschliche Evolution kein Zufall gewesen sein könne, sondern jetzt behauptet er, dass die Logik der Evolution eben intelligente Lebensformen nur in humanoider Form erlaube. Auch hier wird er von Pössel eines besseren belehrt. Denn es ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine evolutionäre Weiterentwicklung von Zangen, Klauen, Tentakeln oder auch Rüsseln wie bei Elefanten, gegebenenfalls durch Mutation als Rüsselpaar, die Erstellung und Anwendung von Werkzeugen für solche Lebensformen ermöglicht und damit die Evolution des Gehirns veranlasst. Auch verteilte Gehirne sind denkbar, die es auch bei größeren Dinosauriern gegeben haben soll zur Steuerung des Schwanzes (und gerade las ich einen Artikel, wonach die Anhäufung von Nervenbahnen um den Magen beim Menschen eine Art zweites Gehirn darstellen würden, dass die sogenannten "Entscheidungen aus dem Bauch heraus" verursache - okay, dass stand in meiner Fernsehzeitung ;-)), oder Körperpläne mit sechs Extremitäten. Und wer kennt die Lebensbedingungen auf anderen Planeten, die ganz andere genetische Eigenschaften fördern würden (z.B. Sehen mit Ultraschall wie Fledermäuse wegen großer Dunkelheit, oder Orientierung über die Seitenlinie (wie bei Fischen) als Organ, dass kleinste Veränderungen des umgebenden Luftdrucks und Windrichtung und -stärke wahrnimmt. All dies sind Erklärungsmodelle, die wesentlich einleuchtender und damit wahrscheinlicher sind als die "Theorien" von Däniken.

Im zweiten Teil seines Buches setzt sich Pössel mit dem Vielschreiber Johannes von Buttlar auseinander und entlarvt diesen sogar als Scharlatan, weil Buttlar im Gegensatz zu Däniken auch noch mit einer manipulierten Biografie und falscher wissenschaftlicher Reputation arbeitet. Auch hier konzentriert sich Pössel auf 3 einzelne Behauptungen.

4. Flug 19 und das Bermuda-Dreieck: Das Bermuda-Dreieck ist ja eigentlich eine Erfindung von Charles Berlitz und dessen Geschichten sind schon vor vielen Jahren von Lawrence David Kusche in dem Buch "Die Rätsel des Bermuda-Dreicks sind gelöst" (rororo 1980) demontiert worden, was aber Leute wie Buttlar nicht daran hindert, die alten Märchen wieder und wieder neu zu erzählen und die längst gefundene Wahrheit, bzw. viel wahrscheinlichere Erklärung des "Verschwindens" zu verschweigen. Dass die verschollenen Piloten die überflogene Gegend nicht kannten, ihr Fluglehrer ebenso erst seit kurzem auf dieser Basis tätig war - er war als nachlässig bekannt, er flog diese Route selbst das erste Mal, und zudem ohne Navigationstafel - das Wetter sehr windig war, die Flugzeugtechnik störanfällig war (es gab keine Borduhren, die Steuerung der Flugzeuge war schwerfällig und bei einer Notwasserung blieb den Piloten, soweit sie durch den Aufschlag aus das Wasser nicht bewusstlos wurden, höchstens 30 Sekunden zum Aussteigen bevor die Maschine versank) und die Piloten selbst Fehler machten - sie schalteten nicht auf die Notfallfrequenz um, sie flogen entgegen der Notfallbestimmungen nicht nach Westen, sondern auf den Atlantik hinaus in wesentlich schlechteres Wetter - wen interessiert das, wenn die Lügen wie frei erfundene mysteriöse Details mehr Geld einbringen als die Wahrheit.

5. Ufos und Augenzeugen: Jeder Feld-, Wald- und Wiesenjurist weiß, wie schlecht Zeugenaussagen sein können und wie groß die Gefahr des Irrtums, der Täuschung und der unbewussten Manipulation ist, insbesondere, wenn es sich um Ereignisse am Himmel, wo es keine Anhaltspunkt für eine korrekte Einschätzung für Größe, Entfernung, Bewegung und Geschwindigkeit gibt, dass solche Täuschungen ferner in keinerlei Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit der Beobachter stehen - dies alles ignorieren Buttlar und Co., wenn es um angebliche Ufo-Beobachtungen geht. Pössel geht dann noch genauer auf die gerne zitierte Ufo-Beobachtung durch den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter ein, der von einer solchen 1973 in einer Rede in Thomaston, Georgia, berichtet habe. Bei genauerer Untersuchung stellte sich heraus, dass Carter 1976 gegenüber dem National Enquirer - nicht unbedingt ein seriöses Magazin - von einer Beobachtung nach besagter Rede 1973 erzählt hatte. Tatsächlich hat Carter, nachdem seine Beobachtung in Presseberichten Erwähnung fand (offenbar schon 1973 - Pössel ist selber an dieser Stelle etwas unklar), einen Fragebogen einer UFO-Forschungsgruppe ausgefüllt und dabei den Beobachtungszeitpunkt mit Oktober 1969 und den Ort mit Leary, Georgia, angegeben. Bei weiteren Recherchen in den Archiven des Lions Club stellte sich heraus, dass Carter als deren District Governor tatsächlich am 6.1.1969 in Leary war. Die dortige Himmelserscheinung, die seinen Lions-Brüdern nicht weiter auffiel, war die Venus in maximaler Helligkeit. Niemand muss Jimmy Carter deshalb für einen Deppen halten, das ist einfach ein Beleg dafür, wie leicht sich die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit täuschen lässt.

6.Astrophysik: im letzten Kapitel schließlich weist Pössel dem angeblichen Astrophysiker Buttlar nach, dass dieser seine angeblich eigene Wissenschaft nicht versteht. Pössel geht dabei von der Relativitätstheorie Einsteins aus, mit der Einstein Newtons Gravitationsfeldtheorie revolutionierte. Während Newton annahm, jede Masse erzeuge ein Gravitationsfeld, dass den Raum ausfüllt, geht Einstein davon aus, das jede Masse direkt auf Raum und Zeit Einfluss nimmt. Zeit und Raum sind nicht mehr unabänderlich, sondern eben relativ, anhängig von der Masse der sich in Raum und Zeit befindlichen Objekte. Bildlich bedeutet dies: der Mond bewegt sich nicht auf einer Kreisbahn um die Erde, sondern auf einer geraden Bahn in einem durch die Masse der Erde (und der Sonne und der Milchstraße und so weiter) gekrümmten Raum. "Das Gravitationsfeld ist die Geometrie der Raumzeit" (Raumzeit = die 3 Dimensionen des Raumes und die Dimension der Zeit). Bereits 1 Jahr später, 1916, postulierte der Astrophysiker Schwarzschild aus der rechnerischen Anwendung der Relativitätstheorie die Existenz von "Schwarzen Löchern", Objekten, die auf Grund ihrer Masse die Raumzeit so stark krümmen, dass in deren Umgebung eindringende Objekte diese nicht mehr verlassen können, sogar Lichtstrahlen nicht. Die Grenze, wo dies geschieht heißt Ereignishorizont und der Raum dahinter Singularität. Pössel beschreibt die weitere Wissenschaftsgeschichte wie die 1963 veröffentlichte Formel für rotierende Schwarze Löcher des Physiker Kerr, die Idee der "Weißen Löcher" und die Idee der Einstein-Rosen-Brücke und des Kerr-Tunnels als mögliche Verbindung zwischen Schwarzen Löchern, aber auch all die Argumente, die dagegen sprechen, insbesondere dass diese Verbindung bei Schwarzen Löchern, die nicht seit Anbeginn des Universums existieren, schon theoretisch nicht existieren können. Auch weiß keiner, was tatsächlich in der Singularität passiert, aber es liegt nahe anzunehmen, dass die dort befindliche ungeheure Menge an hochenergetischen Elementarteilchen jeden Raumfahrer umbringen wurde, ebenso wie die Masse des Raumfahrers selbst den Tunnel zu Zusammenbruch brächte. Pössels Vorwurf an Buttlar ist, dass er all diese Bedenken ignoriert, dass er teilweise mit wissenschaftlichen Theorien argumentiert, die längst verworfen wurden, und schließlich dass er selbst Newtons Theorien falsch wiedergeben würde - und nebenbei auch noch aus anderen Büchern einfach abschreiben würde ohne dies kenntlich zu machen, was ja objektiv Betrug ist.

Während Däniken von Pössel nur demontiert wird - EvD hat ja auch klugerweise nie behauptet, Wissenschaftler zu sein - kann ich die Kommentare Pössels zu Buttler nur noch als Vernichtung von dessen Büchern ansehen. Ich befürchte allerdings, dass es weiterhin geldgierige Verleger geben wird, die Buttlars Bücher weiterhin unter das unwissende Volk bringen werden.
(2005-06-21)


Mehr Worte / mehr Bücher / alle Bücher / information overload